Klicken Sie auf die Bilder, um sie zu vergrößern!

Aufmerksamen Kirchenbesuchern wird es vielleicht aufgefallen sein - es ist etwas verändert worden in der Söller Kirche! 

Seit einigen Tagen wird unsere Orgel professionell renoviert, restauriert, zerlegt, geprüft, verbessert und "entschimmelt". 40 Jahre im Dienste der Kirchengemeinde, etliche Konzerte, Proben, Ostern, Weihnachten und Jahreszeiten der Natur haben dem schönen Instrument bereits zugesetzt. Mit einer Renovierung wird die Orgel hoffentlich auch für die nächsten 40 Jahre ihren schönen Klang bewahren. 

Eine Führung durch ein technisches Wunderwerk

Die Renovierung der Söller Kirchenorgel wird vom Orgelbauer Alois Lindner aus Nußdorf und seinen Angestellten durchgeführt. Kurz nach Beginn der Arbeiten, am 4.5.2023 brachte unser Orgelbaumeister interessierten Söllern im Rahmen einer Führung dieses hochkomplexe Instrument, dessen Technik und die notwendigen Renovierungsarbeiten näher.

Pfeifen, so weit das Auge reicht

Im Rahmen der Renovierung wird die Orgel komplett zerlegt. Alle Pfeifen werden ausgebaut, gereinigt, sofern es Holzpfeifen sind auch vom Schimmel befreit, wieder eingebaut und fein aufeinander abgestimmt. Da die Orgel in einem "freien Raum" steht, ist sie Luftdruckschwankungen, Feuchtigkeit, Kälte und Kerzenruß ausgesetzt. Man kennt es von den Musikanten: jeder Klarinettist reinigt sein Instrument nach dem Spielen. Das ist jedoch bei einer Orgel nicht möglich. Im Laufe der Zeit wurden schon tote und auch lebendige Vögel aus den größeren Pfeifen gezogen - sie hatten sich dorthin verirrt. 

Die Söller Orgel verfügt über 22 sogenannte "Register" - also Klangfarben. Jedes dieser Register besteht aus mindestens 56 Pfeifen. Das ergibt nach Adam Riese: über 1000 Pfeifen in allen möglichen Formen und Größen. 

Orgelbauer Lindner erklärte im Rahmen der Führung, durch welche Tricks der Orgelbauer die Klangfarbe einer Orgelpfeife beeinflussen kann: die Mensur (das Verhältnis von Durchmesser der Pfeife zu ihrer Länge), die Form des Labiums (der "Schlitz" aus dem die Luft entweicht), ob es sich um eine Pfeife aus Holz oder Metall handelt und auch ob die Pfeife einen "Deckel" hat, bestimmen, wie der Ton schlussendlich klingt. 

Die aberhundert ausgebauten Pfeifen der Söller Orgel stehen/liegen nun fein säuberlich geputzt und sortiert in der Kirche. Sobald die Renovierungsarbeiten an den tragenden Teilen der Orgel, dem Balg (der "Blasebalg" der den nötigen Luftdruck speichert, um Töne zu erzeugen) und der Windlade (dieser Teil verteilt die Luft im Instrument) abgeschlossen sind, werden die über 1000 Pfeifen wieder eingebaut werden. 

Damit man die Pfeifen den einzelnen Tönen auch wieder zuordnen kann, ist der Großteil der Pfeifen mit der Tonhöhe beschriftet. Für jeden Ton und jede Klangfarbe (Register) gibt es eine eigene Pfeife. 

Gemäß dem ältesten und bösesten Witz, den es unter Organisten gibt, sitzt die "größte Pfeife" immer an der Klaviatur. (Auf Söll trifft das natürlich nicht zu!) 

Doch dieser Platz ist derzeit nicht wiederzuerkennen. Auch die Klaviatur, bestehend aus zwei Manualen und etlichen filigranen Bauteilen, wurde ausgebaut und wird in den kommenden Wochen komplett restauriert. So werden z.B. wackelige und ausgeschlagene Tasten wieder eingerichtet und bestehene Unterschiede im Tastenanschlag einzelner Töne beseitigt. Diese Arbeiten finden jedoch nicht in Söll, sondern in der Werkstätte des Orgelbauers statt, weswegen sich einige Teile der Orgel derzeit in Bayern befinden. 

 

Schimmel - der Feind der Orgel

Die schlimmsten Feinde der Orgel sind der Wechsel der Jahreszeiten, offene Kirchentüren, falsches Lüften und vor allem Feuchtigkeit. An den vielen unzugänglichen Holzteilen bildet sich mit der Zeit Schimmel. Dieser befällt nicht nur die tragenden Teile, sondern auch die feine Mechanik und jene Pfeifen, die aus Holz gebaut sind. Wenn der Schimmel Kernspalte und Labium erreicht, beeinflusst er auch den Klang. 

Im Rahmen der Renovierung werden alle Holzteile mit einem speziellen Mittel behandelt, um Schimmel zu entfernen und seiner Neubildung vorzubeugen. Zusätzlich werden sie in die Sonne getragen und dem direkten UV-Licht ausgesetzt: Alkohol und Sonne können den Schimmel besiegen. 

Der Motor der Orgel

Wie entsteht eigentlich der Ton? 

Die vielen hundert Pfeifen brauchen Luft um zu klingen. Je mehr Register gezogen wurden und je mehr Tasten der Orgelspieler gleichzeitig betätigt, desto mehr Luft wird benötigt. Ein leiser Elektromotor an der Hinterseite der Orgel versorgt den Balg mit ausreichend Luft. Laut Orgelbauer Lindner liegt die Förderleistung bei beträchtlichen 8 Kubikmetern Luft pro Minute. 

Werkzeug statt Chor

Wo normalerweise die Treppchen stehen, auf denen der Kirchenchor singt, findet man derzeit Werkzeug, noch mehr Werkzeug, Pfeifen, und eine scheinbar unendliche Menge an Holzteilen, die zur Orgel gehören. Nur ein erfahrener Orgelbauer kann diese Menge an Bauteilen überblicken. 

In der Orgel selbst ist es derzeit jedoch so "leer" wie nie zuvor.